Die meisten in unserer Gesellschaft denken bei Ninja an bösartige, schwarz gekleidete Männer, die sich im Schatten verstecken und dann plötzlich aus dem Nichts auftauchen. Allerdings waren und sind nicht alle Ninja böse und männlich, und nicht alle verstecken sich im Schatten.
Kunoichi – weibliche Ninja – waren und sind ein wichtiger Bestandteil im Ninjutsu.
1961 wurde Mochizuki Chiyome vom Onkel ihres verstorbenen Mannes, Daimyo Takeda, gebeten, junge Frauen als Kunoichi Agenten für seinen Clan auszubilden. Dafür nie nahm junge, alleingelassene oder weggelaufene Mädchen bei sich auf. Die Mädchen lernten die Gepflogenheiten einer Miko (Priesterin) sowie psychologische und strategische Prinzipien der Kriegsführung. Als Miko konnten sie problemlos durch ganz Japan reisen und hatten Zutritt zu vielen, sonst schwer zugänglichen, Pätzen. So war es ein leichtes für sie, mit den Clan-Spionen Kontakt aufzunehmen und Informationen zu tauschen, ohne aufzufallen. Somit war ihre Tarnung perfekt für die Informationsbeschaffung.
Kunoichi früher und heute
Die frühen Kunoichis waren meist Spione zur Informationsbeschaffung oder Beobachtung. Das Training war eher auf psychologische Techniken fokusiert wie Manipulation, Nutzung des weiblichen Charms, Intuition, Verkleidung, Tanz und Singen, Teezeremonien und Gifte. Sie wurden gelehrt mit den Gefühlen anderer zu spielen und sie zu ihrem Vorteil zu nutzen, ebenso wie ihre eigenen Gefühle unter Kontrolle zu halten. Dabei war Schönheit auch eine ihrer wervollsten – und tötlichsten – Waffen. Das Training der Kunoichi basierte auf Überraschungstaktiken und versteckten Waffen. Die favorisierte Waffe war die neko-te (Katzenhand) – starke Eisennägel, die mit einem Lederband an den Fingern befestigt wurden, teilweise auch mit Gift versetzt. Ansonsten waren es eher kleine Waffen, die leicht zu verstecken waren wie zum Beispiel kleine Messer in den Ärmeln oder im Gürtel, (vergiftete) Haarnadeln, Fächer. Waffen wurden teilweise auch in Musikinstrumenten versteckt um sie unbemerkt in ein Gebäude zu schmuggeln.
Ein Sprichwort aus dem feudalen Japan lautet: „Es gibt keine Burg, die gut genug bewacht ist, dass eine Kunoichi nicht hinein gelangen kann.“
Anders, als die männlichen Shinobi, die versuchten ungesehen in eine Burg einzudringen, nahmen Kunoichi sich Zeit, erschlichen sich das Vertrauen der Zielobjekte und wurden so oft Teil von deren Haushalt. So konnten sie problemlos Informationen sammel und bei Bedarf überraschend zuschlagen.
Hatsumi-Sensei sagte einmal, dass die weiblichen Ninja (Kunoichi) als Teil von kamae no sui (Wasser) eingestuft werden. […] Wie ein Ozean würden sie zurückweichen, nur um wie eine Welle bei Flut zurück zu kommen, auf unerwartete Weise und mit voller Wucht.
Im Mittelalter wurde die Ausbildung der Kunoichi der männlichen angepasst. Kunoichi erhielten die Grundausbildung des Ninjutsu mit Konzentration auf den Nahmkampf.
In der heutigen Zeit lernen Männer und Frauen gleichermaßen die verschiedenen Techniken der überlieferten Schulen. Die psychologischen und intuitiven Themen werden aber auch heute noch gelehrt. Hier liegt der Fokus oft darauf, die Techniken im natürlichen Fluss und ohne Kraftaufwand durchzuführen. Die Effektivität der richtig ausgeführten Technik wird hierbei der Muskelkraft vorgezogen. Sobald Muskelkraft (fast) keine Rolle mehr in der einzelnen Technik spielt, können auch Frauen diese gegen große und schwere Gegner sehr effektiv einsetzen.
Damals wie heute gilt: Eine Kunoichi verschwendet niemals Zeit oder Energie in einer Kapfsituation. Ebenso ist die Kunoichi niemals ein Opfer, auch wenn sie nach außen schwach und hilflos erscheint.
Woher stammt die Bezeichnung „Kunoichi“?
Darüber gibt es verschiedene Theorien. Die verbreitetste ist wohl die Ableitung von „onna“ (女), japanisch für Frau. Dabei wird „ku“ in Hiragana (く) – „no“ in Katakana (ノ) – „ichi“ in Kanji (一) geschrieben. Setzt man die Zeichen zusammen, erhält man das Kanji für Frau („onna“ = 女).
Eine weitere Theorie besagt, Kunoichi bedeutet „eine Person mit 9 Fähigkeiten“: 九能一. Die Ableitung besteht dabei aus der japanischen Zahl 9 „ku“ (九), aus dem „nō“ (能 ) für Talent/Fähigkeit und der Zahl 1 „ichi“ (一). Eine genaue Liste dieser 9 Fähigkeiten gibt es allerdings nicht.
Warum tragen manche Frauen im Bujinkan lila?
In manchen Dojos tragen die Frauen einen lilanen Gi. Oft kommt daher die Frage auf, warum lila und woher kommt das? Auch hierzu gibt es verschiedene Erzählungen.
Die einen sagen, in den 1970ern wählte Hatsumi Mariko (Sokes Frau) die Farben lila (Gi) und rot (Obi), weil sie der Meinung war, Frauen sehen in schwarz zu blass aus. Die Farbe lila sollte weiblicher sein. Dazu passte das Grün der Gürtel dann nicht mehr und sie entschied sich für rot.
Andere wiederum meinen, dass Hatsumi Mariko die Farbe gewählt hat, da lila auch alltagstauglich ist. In lila fällt die Kunoichi nicht sonderlich auf und kann sich ohne Aufsehen durch die Straßen bewegen.
Ebenfalls bedeutet lila im japanischen auch Wohlstand oder Glück und wird teilweise auch damit verbunden.
Fakt jedoch ist, jeder Dojoleiter bestimmt selbst, was für Farben getragen werden. Denn manchmal trifft man auch auf Frauen mit Kyuu-Graduierungen, die einen grünen Gürtel tragen.